zwei Rentner*innen auf einer Bank

Nicht zuletzt durch die Covid-19-Pandemie sind viele, insbesondere ältere Menschen auf fremde Hilfe angewiesen. Um ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen, arbeitet die WBG Kontakt eng mit dem Jugend- und Altenhilfeverein e.V. (JAV) zusammen. Gemeinsam bieten sie soziale Dienstleistungen für ältere, aber auch für mobilitätseingeschränkte und sozial benachteiligte Menschen an. Für einen Tag durfte ich Sabrina Walter bei ihrer Arbeit als Mitarbeiterin der sozialen Dienste des JAV über die Schulter schauen.

Unterwegs mit dem Jugend- und Altenhilfeverein e.V.

An diesem Montagmorgen beginnt der Arbeitstag für Sabrina Walter etwas hektisch, denn sie steht auf dem eigentlich nur 20-minütigen Weg zur Arbeit als Mitarbeiterin der sozialen und haushaltsnahen Dienste für den Jugend- und Altenhilfeverein im Stau. Das erzählt mir Claudia
Förtsch, Leiterin des JAV in Paunsdorf, bevor sie den Dienstwagen für ihre Kollegin vorfährt. In der Zwischenzeit kehrt in der Goldsternstraße in Paunsdorf Leben ein: Denn es beginnt auch für die Kolleginnen der Arbeitstag um 8 Uhr morgens, während einige Seniorinnen eine Tür weiter die Woche sportlich beginnen.

Trotzdem noch pünktlich kommt Sabrina Walter an und sammelt mich ein. Wie an jedem Montagmorgen führt der erste Weg zu Herrn Knieb nach Mockau. Sabrina erzählt mir im Auto, dass sie erst seit anderthalb Jahren als Hauswirtschafterin für den Jugend- und Altenhilfeverein arbeitet. „Die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt sie lächelnd, und noch bevor ich mich selbst davon überzeugen werde, ahne ich, dass sie ehrliche Freude an ihrem Job hat. Als uns wenige Minuten später Herr Knieb die Tür zu seiner Wohnung öffnet, kann ich es nachvollziehen: „Guten Morgen, mein Sonnenschein“, sagt er freudestrahlend, als er Sabrina sieht.

Tatkräftige Unterstützung und persönliche Gespräche

Die Hektik der letzten Minuten steht uns offenbar noch ein wenig ins Gesicht geschrieben und so fährt er fort: „Bloß keine Hektik, bei mir gibt es immer erstmal einen Kaffee.“ Während wir Kaffee trinken, tauscht Sabrina die Batterien einer Uhr aus, und Herr Knieb erzählt mir, wie dankbar er für diese zwei Stunden in der Woche ist. Oft sind es nicht nur Tätigkeiten im Haushalt, Lebensmitteleinkäufe oder Fahrdienste, sondern auch Kleinigkeiten wie diese, bei denen der 70-jährige Rentner Hilfe braucht. Man merkt allerdings sofort, dass es nicht nur um die tatkräftige Unterstützung geht, sondern auch um die Gesellschaft. In der Zeit, in der Sabrina das Bett bezieht und die Böden der hellen 2-Raum-Wohnung wischt, lassen die beiden die vergangene Woche Revue passieren. Sie sprechen über gemeinsame Bekannte, Krankenhausaufenthalte oder Wochenendausflüge. Bevor wir gehen, schnürt Herr Knieb einen kleinen Beutel, in dem Süßigkeiten, die er geschenkt bekommen hat, für die beiden Kinder von Sabrina sind.

Bereits nach zwei Stunden, die ich mit Sabrina Walter unterwegs bin, fällt mir das Besondere an ihrer Arbeit für den JAV auf:

Die Zeit für kleine Handgriffe, individuelle Wünsche und persönliche Gespräche.

Im Gegenteil zu ambulanten Pflegediensten, die neben der medizinischen und pflegerischen oft auch die hauswirtschaftliche Versorgung übernehmen. Die in der Pflege Beschäftigten haben oft nur Zeit für das Notwendigste, gerade der persönliche, aber so wichtige Kontakt bleibt dabei oft auf der Strecke. Das liegt am Fachkräftemangel: Setzen sich die derzeitigen Trends fort, prognostiziert der Pflegereport der Bertelsmann Stiftung, dass

2030 fast 500.000 Vollzeitkräfte in der Pflege fehlen – während der Anstieg an Bedürftigen um 50 Prozent steigt.

Claudia Förtsch erklärt mir später, dass auch die Nachfrage beim Jugend- und Altenhilfeverein nach sozialen Dienstleistungen ständig steigt – nicht zuletzt in der Covid-19-Pandemie um 15 Prozent. Insgesamt kümmern sich

sechs Hauswirtschafterinnen in Paunsdorf, Grünau und weiteren Stadtteilen um
174 Bedürftige.

Eine logistische Meisterleistung

Dass die Koordination der Hilfsangebote, die der Jugend- und Altenhilfeverein seit 2015 anbietet, logistisches Geschick erfordert, erlebe ich in der kurzen Mittagspause. Auf dem Weg zurück in die Goldsternstraße klingelt Sabrinas Diensthandy, auf dem sie 24 Stunden erreichbar ist. Für einen Kunden, bei dem sie dienstags ist, soll sie Brot einkaufen – eine Aufgabe, die sie aus Zeitgründen mit ihrem privaten Bäckerbesuch verbindet. In der Mittagspause koordiniert sie mit Claudia Förtsch außerdem neue Dienstpläne und lernt eine neue Kundin kennen, die persönlich im Jugend- und Altenhilfeverein vorbeigekommen ist.

Renterpaar von hinten, beim Spaziergang

Danach geht es weiter zur 88-jährigen Frau Wese, die mit ihrem 92-jährigen Mann in einer gemütlich eingerichteten Zweiraumwohnung unweit des Vereins lebt. Während Sabrina Fenster putzt, Staub wischt und -saugt, tauschen sich die beiden Frauen, die sich beim Vornamen nennen, über Persönliches aus. Auch von Jeanette und Steffen, zu denen wir danach fahren, werden wir freundschaftlich empfangen. Nach getaner Arbeit sitzen wir gemeinsam in der Küche und das Paar das aus gesundheitlichen Gründen mobilitätseingeschränkt ist und trotzdem auch selbst ehrenamtlich im Verein tätig ist, erzählt von ihrer Hochzeitsplanung. Mich wundert nicht, dass selbstverständlich auch Sabrina eingeladen ist.

Persönlicher Kontakt ist der gemeinsame Nenner

So unterschiedlich die Menschen sind, die der Verein unterstützt, so unterschiedlich ist auch die Hilfe, die sie benötigen. Doch der gemeinsame Nenner ist immer der persönliche Kontakt, der im Fokus der Arbeit des Jugend- und Altenhilfevereins steht – davon konnte ich mich an diesem Tag mehrmals überzeugen. So schwer es für die Betroffenen vielleicht gewesen sein mag, sich einzugestehen, dass sie Hilfe brauchen, so froh und dankbar sind alle, die ich heute kennenlernte, über die Unterstützung durch Sabrina Walter und ihre Kolleginnen.

Eine bemerkenswerte und wichtige Leistung, denn für viele Menschen, die allein und oft ohne familiäre oder andere soziale Kontakte leben, tragen soziale Dienste wie diese zweifellos zu einer besseren Lebensqualität bei. Besonders die Tatsache, dass sich alle ohne Vorurteile oder Berührungsängste auf einer freundschaftlichen Ebene begegnen, bleibt mir noch den ganzen Tag als angenehmes Gefühl zurück.


Bei dieser Reportage handelt es sich um einen der Beiträge, die ich für das Mitgliedermagazin „Blickkontakt“ der WBG Kontakt (September 2020) geschrieben habe. Das gesamte Magazin steht auf der Website der WBG Kontakt zum Download zur Verfügung.